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Zentralkommission zur Erhebung der Vermögens- und Einkommenssteuer (Bestand)
Tektonik >> STAATSOBERHAUPT UND OBERSTE STAATSBEHÖRDEN, MINISTERIEN UND ANDERE ZENTRALBEHÖRDEN PREUSSENS AB 1808 >> Finanzen >> Finanzverwaltung und Steuererhebung
Laufzeit: 1812 - 1836
Findmittel: Datenbank; Findbuch, 1 Bd.
Behördengeschichte
In Preußen wurden erstmalig nach der Niederlage von 1807 Vermögens- und Einkommensteuern erhoben. Die Verpflichtung, an Frankreich Kriegskontributionen zu-rückzuzahlen und die Versorgung der durch Deutschland marschierenden französi-schen und verbündeten Truppen zu gewährleisten, veranlassten König Friedrich Wil-helm III., ein entsprechendes Edikt zu erlassen (24. Mai 1812).
Im Juni 1812 wurde der Geheime Staatsrat Johann August Sack zum Chef der Zentralkommission zur Erhebung der Vermögens- und Einkommenssteuer ernannt. Sein Mitarbeiter war der Geheime Oberrechnungsrat Heinrich von Béguelin, der eine Hauptsteuerkasse einrichten ließ. Ihnen unterstellt waren jeweils drei Deputierte der interimistischen Nationalversammlung.
Für die Verwaltung der Vermögens- und Einkommenssteuer wurde durch Kabinetts-order vom 20. Juni 1812 eine besondere Kommission eingesetzt. Vorsitzender war der Geheime Staatsrat L'Abaye (auch: Labaye), ferner gehörten ihr der Vizepräsident des Kammergerichts, Friedrich Christoph von Trützschler und Falckenstein , sowie das Handelshaus Dellmar & Comp. und das Bankhaus Gebrüder Benecke an.
Die Kommission erhielt eine eigene Buchhaltung, die die Resultate der Steuereinzie-hungen in den Provinzen erfassen sollte. Als Grundlage des Soll-Einkommens galten die Steuerdeklarationen der Steuerpflichtigen. Die Buchführung unterschied zwischen Soll-Einkommen und Ist-Einkommen. Diese Abtrennung der Vermögens- und Einkommenssteuer machte eine einheitliche Verwaltung aller Staatseinkünfte unmöglich.
Durch Kabinettsorder vom 13. Mai 1814 wurde der Geheime Staatsrat Georg Chris-tian Friedrich von Heydebreck zum Nachfolger Sacks als Chef der Zentralkommissi-on ernannt. Im Jahr 1815 wurden die Aufgaben der Kommission jedoch dem Finanzministerium übertragen. Finanzminister von Bülow war bereits seit 1814 für eine Eingliederung der Verwaltung der Vermögens- und Einkommenssteuer in das Finanzministerium eingetreten (ab 1. Januar 1816).
Am 3. November 1817 übernahm dann das neu eingerichtete "Ministerium des Schatzes und für das Staats-Kreditwesen" die Aufgaben der Zentralkommission und führte wie zuvor das Finanzministerium die Akten der Kommission weiter. Nach der Abwicklung des Schatzministeriums ab 1821 übernahm wieder das Finanzministerium den Aufgabenbereich der Zentralkommission. Beide Ministerien legten auch neue Akten an, die unter der Bezeichnung "Zentralkommission" weiterliefen, obwohl sie der Provenienz nach dem Finanz- bzw. dem Schatzministerium zugeschrieben wer-den müssen.
Die Zentralkommission hatte die Aufgabe, drei Prozent (3 %) des gesamten Privatvermögens als Steuer einzuziehen. Sie führte die Oberaufsicht über sämtliche Provinzial- und Kommunalkommissionen, veranlasste Revisionen und kontrollierte das Kassen- und Rechnungswesen. Die Zentralkommission führte das Rechnungswesen der Hauptsteuerkasse, welche ganz von ihr abhängig war, und kontrollierte die Verwendung der eingehenden Steuergelder.
Die Provinzialkommissionen standen mit der Regierungshauptkasse der Bezirksre-gierungen in enger Verbindung und veranlassten, dass die bei den Kommunalkom-missionen eingegangenen Steuern an die Hauptsteuerkasse in Berlin weitergeleitet wurden.
Unmittelbar nach der Publikation des Edikts vom 24. Mai 1812 zur Erhebung einer Vermögens- und Einkommenssteuer wurden Kommissionen in allen Provinzen, Kreisen und größeren Kommunen zum Empfang sowie zur Kontrolle der Vermögensangaben eingerichtet.
Die Zentralkommission ressortierte beim Finanzministerium. Der Chef der Zentralkommission wurde vom Staatskanzler ernannt und bestimmte seinerseits die Kommissare der Provinzialkommissionen, die aber vom Staatskanzler bestätigt werden mussten. Die Kreiskommissare dagegen wurden von den Generalkommissaren zur Regelung der ländlichen Verhältnisse' ernannt, und beriefen ihrerseits die Kommissare in den Kommunalkommissionen. Diese schließlich suchten sich ihre Mitarbeiter selbst aus.
Die Provinzialkommissionen waren den Regierungen gegenüber in Finanzangelegenheiten weisungsberechtigt und konnten nur in Verbindung mit dem Finanzkollegium unter Zustimmung des Staatskanzlers Entscheidungen treffen.
Zu Provinzialkommissaren wurden am 6. Juni 1812 bestellt:
Ostpreußen: Landhofmeister und Regierungspräsident von Auerswald
Westpreußen: Regierungspräsident von Wißmann
Litauen: Geheimer Staatsrat von Schön
Breslau: Regierungsvizepräsident Merckel
Liegnitz: Regierungspräsident von Erdmannsdorff
Kurmark: Präsident von Goldbeck
Neumark: Kammerdirektor Grothe
Pommern: Landrat von Oertzen.
Zur Leitung der Geschäfte der Zentralkommission wurden jeweils Deputierte der inte-rimistischen Nationalrepräsentation hinzugezogen. Die Deputierten waren:
Liegnitz Graf von Hardenberg
Baron von Rotkirch-Treuh
Friederici Bungenreißer, Repräsentant der Städte
Christian Jacob, Repräsentant des Bauernstandes
Breslau Kammerpräsident von Wedell, Repräsentant von Oberschlesien
Stadtdirektor Hübner, Repräsentant der niederschlesischen Städte
Landschaftssyndikus Oelsner
Schmidt, Repräsentant des Bauernstandes
Rosemann, Repräsentant des Bauernstandes
Stadtrat Lange, Repräsentant der Stadt Breslau
Kurmark Geheimer Staatsrat von Quast
von Bredow auf Schwanebeck
Deichhauptmann von Byern
Justizrat Struwe
Schulze Leist
Präsident von Gerlach, Repräsentant der Stadt Berlin
Neumark Kriegs- und Domänenrat von Berge
von Burgsdorf
Kriegsrat Papritz
Erbschulze Müller, Repräsentant des Bauernstandes
Pommern von Zastrow, Gutsbesitzer
Landrat von Drewitz, Gutsbesitzer
Hofrat Brummer, Repräsentant der Städte
Schulze Dehling, Repräsentant des Bauernstandes
Westpreußen Stadtrat Poßelger, Repräsentant für Elbing
Ostpreußen Staatsrat Graf [Heinrich] von Dohna-Wundlaken
Stadtjustizrat Johannsen, Repräsentant für Königsberg
Litauen Staatsrat Graf Dohna
von Sanden
Hauptmann von Kannewart
Stadtrichter Boch, Repräsentant der Städte
Für die Stadt Berlin wurde laut Instruktion vom 6. Juni 1812 eine Sonderregelung getroffen und die Stadt in zwölf Reviere eingeteilt. In jedem Revier wurde eine Spezialkommission gebildet, die von jeweils einem Kommissar geleitet wurde. Die Einteilung Berlins in Reviere diente der besseren Kontrolle von Wohnungsveränderun-gen. Die Revierkommissionen waren verpflichtet, der Departements- bzw. später der Provinzialkommission alle acht Tage Bericht zu erstatten.
Aus dem Bestand I. HA Rep. 149 ist die größere Aktengruppe unter D: Hauptkasse zur Erhebung der Vermögens- und Einkommenssteuer von Bedeutung für den Bestand I. HA Rep. 155.
Bestandsgeschichte
Der Bestand I. HA Rep. 155 mit der Laufzeit von 1812 bis 1836 umfasst 476 VE (ca. 14 lfm). Der überwiegende Teil des des Bestandes ist zu Aktenbänden geheftet und befindet sich in einem recht guten Zustand. Auf den Aktenbänden ist die Regist-ratursignatur sowie der Betreff angegeben. Die nicht gehefteten Akten, z.T. lose Blätter stammen fast alle aus dem Teil des Bestands, der 2018/19 erschlossen wur-de.
Ab 1816 gingen die Aufgaben der Zentralkommission an das Finanzministerium bzw. das Schatzministerium über. Dann gelangten die Akten der Zentralkommission in die Registratur des Finanzministeriums und gingen dann an das Finanzarchiv, das spä-ter mit der Registratur des Generaldirektoriums zum Ministerialarchiv vereinigt wurde.
1874 wurde das Ministerialarchiv mit dem Geheimen Staatsarchiv zusammengelegt. Dort erhielt der Bestand die Bezeichnung I. HA Rep. 155' und wurde von Archivrat Dr. Sattler bearbeitet, der Verbesserungen sowie einige Nachträge in dem handge-schriebenen Behördenfindbuch anbrachte. 1923 wurde im Rahmen des Archivumzugs nach Dahlem eine Revision durchgeführt. Ein handgeschriebenes Archiv-Repertorium ist vorhanden.
Im II. Weltkrieg wurden die Bestände des Geheimen Staatsarchivs, damit auch der Bestand I. HA Rep. 155, in die Salzbergwerke von Staßfurt und Schönebeck ver-bracht. Nach Ende des Krieges wurden diese Akten von den sowjetischen Truppen beschlagnahmt. Die Rückgabe der beschlagnahmten Archivalien des Geheimen Staatsarchivs an die Regierung der DDR erfolgte in den 1950er Jahren. Als Standort des Archivs wurde das "Karteihaus der Landesversicherungsanstalt Merseburg" in Sachsen-Anhalt ausgewählt, die administrative Unterstellung erfolgte unter das Zentrale Staatsarchiv Potsdam, Abteilung Merseburg.
Im November und Dezember 1962 ordnete und verzeichnete Hermann Ramme, Be-triebsarchivar des VEB Kupfer- und Blechwalzwerks in Ilsenburg (Harz), den Bestand als Abschlussarbeit zur Prüfung zum staatlich geprüften Archivar. Er hat den Bestand zum Teil laufend durchnummeriert. Die alte Ordnung nach Provinzen wurde belassen. Eine Unterteilung nach sachlichen Gesichtspunkten ist kaum möglich, da es sich in allen Fällen um Unterlagen zur Steuererhebung in den einzelnen Departe-ments handelt. Sachlich-inhaltlich zusammengehörige Materien wurden hintereinander geordnet. Dadurch ist die rein chronologische Sortierung durchbrochen.
Bereits bei der Bearbeitung des Bestandes im Jahr 1962 wurde festgestellt, dass in der Gruppe I 10 Generalia der Band Nr. 4 fehlt. Der Verbleib dieses Bandes konnte bisher nicht ermittelt werden.
Im Zuge der Deutschen Einheit wurden die Archivalien aus dem Zentralen Staatsarchiv, Abteilung Merseburg 1993 in die Zuständigkeit des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz überführt. Der Bestand I. HA Rep. 155 wurde zunächst im Magazin nach den vorläufigen Nummern eingelagert. 2018 wurde der Bestand revidiert und die Titel modernisiert. Die im Jahr 1962 noch nicht erfassten Nummern wurden von einer Schreibkraft in die Archivdatenbank übertragen. Zugleich fand ein Abgleich der Signaturen im Altfindmittel mit den in die Datenbank aufgenommen Signaturen statt. Der Bestand wurde im Winter 2018 von drei Archivinspektor-Anwärtern revidiert, dabei wurden Titel und Laufzeiten geprüft und vielfach korrigiert, darüber hinaus wurden alle Verzeichnungseinheiten signiert, in Jurismappen verpackt und kartoniert.
Literatur und Quellen
GStA PK, I. HA Rep. 151, II Nr. 1822, Nr. 1828 und Nr. 1829.
GStA PK, I. HA Rep. 178 E, Nr. 172 und Nr. 173.
GStA PK, I. HA Rep. 178 E, Nr. 139.
Handbuch für den königlich preußischen Hof und Staat, Berlin 1795-1918.
Gesetz-Sammlung für die Königlichen Preußischen Staaten, Berlin 1810-1906.
Brand, Theodor: Handbuch der Preußischen Gesetz-Sammlung von 1806 bis ein-schließlich 1845. Ein Hülfsbuch für Juristen und alle Verwaltungs- sowie Communalbeamte, für Offiziere, Geistliche, Lehrer, Kaufleute, Fabrikanten, Ärzte und Apotheker, Berlin 1846.
Dieterici, Carl: Zur Geschichte der Steuerreform in Preußen 1810 bis 1820, Berlin 1875.
Franke, Siegfried: Entwicklung und Begründung der Einkommensbesteuerung, Darmstadt 1981.
Pietschmann, Dietrich: Das preußische Finanzministerium unter Stein und Harden-berg. Ein Beitrag zur Geschichte der Entstehung der modernen Fachministerien in Preußen. 2 Bände, Berlin 1960.
Letzte vergebene Nummer: __476________
Der Bestand lagert derzeit im Westhafen.
Die Akten sind auf gelben Leihscheinen wie folgt zu bestellen:
I. HA Rep. 155, Nr. #
Zitierweise:
GStA PK, I. HA Rep. 155 Zentralkommission zur Erhebung der Vermögens- und Ein-kommenssteuer, Nr. #